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Aktuelles

30. Juli 2022

Internationaler Tag gegen Menschenhandel

Heute ist der Internationale Tag gegen Menschenhandel.
Thema des diesjährigen Welttages ist „Nutzung und Missbrauch von Technologie“. Jährlich wird an diesem Tag auf Menschenhandel als schwere Menschenrechtsverletzung aufmerksam gemacht.
Laut UN sind 72% der Betroffenen von Menschenhandel Mädchen oder Frauen.
Unter „Menschenhandel“ im deutschen Recht (§ 232 StGB) wird jede Form des Anwerbens, des Transports, des Beherbergens, etc. von Personen zum Zweck der Ausbeutung verstanden.

„Wir müssen diesen Tag als Anlass nehmen um uns der Ernsthaftigkeit des Menschenhandels in Deutschland bewusst zu werden. Laut BKA stammt die Mehrzahl der Opfer des weltweiten Menschenhandels aus Deutschland sowie aus Ost- und Südosteuropa. Menschenhandel wird hierzulande leider immernoch an zu vielen Stellen ermöglicht, davor dürfen wir nicht länger die Augen verschließen. Es bedarf neben einem intersektionalen Blick auf den Menschenhandel eine EU-weite Vereinheitlichung der unterschiedlichen Prostitutionsgesetze und einen massiven Ausbau der Hilfs- und Beratungsstellen für Betroffene.”

Saddaf Seddiqzai, stellv. Vorsitzende der Jusos Düsseldorf

Menschenhandel & Prostitution

Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung findet fast ausschließlich im Prostitutionsmilieu statt. Häufig werden die Opfer durch Bekannte und Familienangehörige in die Zwangsprostitution gebracht und ausgebeutet. Die Aufdeckung von Straftaten in diesem Deliktbereich ist aufgrund einer oftmals fehlenden sogenannten Opferaussage im Strafverfahren meist schwierig; das BKA geht von einem hohen Dunkelfeld aus.

Die Opfer werden häufig angeworben, indem ihnen eine legale und angeblich gut bezahlte Arbeit versprochen wird, und dann in die Prostitution oder in ausbeuterische Arbeitsverhältnisse gezwungen. Hierzu setzen die Täter oft auch physische oder psychische Gewalt ein.

Hauptursachen des Menschenhandels sind die Perspektivlosigkeit, Armut und Hilflosigkeit der Opfer sowie die Nachfrage nach Prostituierten und „billigen Arbeitskräften“. Auch die emotionale Abhängigkeit von den Tätern ist eine häufige Ursache für eine spätere Ausbeutung.

Nutzung und Missbrauch von Technologie

Das Internet und digitale Plattformen bieten Menschenhändlern zahlreiche Werkzeuge, um Opfer zu rekrutieren, auszubeuten und zu bewerben; ihren Transport und ihre Unterbringung organisieren; und Verbergen von Erträgen aus Straftaten – und das alles schneller, kostengünstiger und anonymer.

Im Einsatz von Technologie liegt jedoch auch eine große Chance. Durch technische Unterstützung mit beispielsweise KI, Data Mining und anderen Instrumenten kann die Strafverfolgung von Seiten der Behörden erleichtert werden und es ist einfacher, Menschenhandelsnetzwerke aufzudecken und zu untersuchen.

Darüber hinaus kann das Internet dazu beitragen, Opfer über große Entfernungen hinweg zu unterstützen, während Sensibilisierungsmaßnahmen für die sichere Nutzung sozialer Medien dazu beitragen könnten, das Risiko zu verringern, dass Menschen Opfer von Menschenhandel im Internet werden.

Unsere Forderungen

Wir Jusos Düsseldorf finden, dass europaweit die Mitgliedsstaaten bei der Bekämpfung von Frauenarmut, sozialer Ausgrenzung und Diskriminierung unterstützt werden müssen, um eine Perspektivlosigkeit vorzubeugen, die bei vielen Frauen überhaupt dazu führt, in die Prostitution zu gehen.

Es gibt in der Europäischen Union offensichtlich eine Vielfalt unterschiedlicher Konzepte zur Reglementierung der Prostitution, die ihre Vergleichbarkeit, auch im Hinblick auf ihre Auswirkungen, erschwert. Aus diesem Grund ist eine EU-weite Vereinheitlichung der unterschiedlichen Prostitutionsgesetze erforderlich.

Hierzulande müssen die Rechte von betroffenen Migrant*innen ohne legalen Status ausgeweitet werden, v.a. vor dem Hintergrund eines globalisierten Menschenhandels.

Gerade von behördlicher Seite müssen strengere Kontrollen instruiert werden, ob Indizien für Zwang oder Menschenhandel im Prostitutionsmilieu festgestellt werden können.

Nicht zuletzt müssen auch Polizei- und Justizbeamt*innen in der Hinsicht besser und sensibler geschult werden, dass als Betroffene den Schritt zu gehen, einen rechtlichen Prozess in die Wege zu leiten mit großen Gefahren und Retraumatisierung verbunden ist.

Es muss Betroffenen so einfach wie möglich gemacht werden, sich Hilfe zu suchen. Direkte Hilfe und Beratung für Betroffene von häuslicher und sexueller Gewalt sowie für Betroffene von Menschenhandel muss auf Augenhöhe angeboten werden und darf nicht abschreckend sein.

Die bestehenden Hilfs- und Beratungsstellen müssen ausgebaut werden und auf Bundesebene muss mehr Geld die Hand genommen werden.

Wir in der Verantwortung

Wir müssen uns als Nicht-Betroffene mit den Opfern solidarisieren und gerade deswegen ein Sprachrohr für jene Frauen sein, die Opfer von Menschenhandel sind und denen durch Sprachbarrieren, knappe Ressourcen, fehlenden Rechtskenntnissen oder einem unsicheren Aufenthaltsstatus die Möglichkeit fehlt, sich Hilfe zu suchen.

Auch hier bedarf es einer intersektionalen Betrachtung des Menschenhandels, denn Menschenhandel nur auf das Geschlecht zu beziehen wäre unangebracht.

Die Erfahrungen von Betroffenen von Menschenhandel haben nicht nur mit ihrem Geschlecht zu tun, sondern auch mit ihrer Hautfarbe und wie sie mit rassistischen Strukturen und Denkmustern konfrontiert werden. Ebenso eine Rolle spielt hier wieder der Zugang (oder der Mangel an Zugang) zu Rechten in einem fremden Land, dessen Sprache man nicht beherrscht.

Auch wir müssen im sozialen Umfeld ein kritisches Auge haben.

Es ist besser, einmal zu oft kritisch gewesen zu sein und einmal zu viel Hilfe angeboten zu haben, als einmal zu wenig.

Hilfs- und Beratungsangebote für Betroffene

  • Das bundesweite Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ (08000 116 016): Anonym, kostenlos und in 18 Sprachen verfügbar. Berät betroffene Frauen und Mädchen zu ihren Möglichkeiten, sich aus ihrer Situation zu lösen. Auch stellt das Hilfetelefon den Kontakt zu Unterstützungseinrichtungen in der Nähe her, bei denen die Betroffenen Hilfe finden können – zum Beispiel zu Fachberatungsstellen gegen Frauenhandel, Prostituiertenberatungsstellen oder Frauenhäusern. Freundinnen, Freunde und Verwandte sowie Fachkräfte können sich ebenfalls bei all ihren Fragen zu Menschenhandel an das Hilfetelefon wenden.
  • Frauenberatungen & Frauenhäuser: Seiten wie www.frauenhauskoordinierung.de ; www.frauen-gegen-gewalt.de ; www.weisser-ring.de ; www.ggmh.de/hilfe/ bieten gute Anlaufstellen bei akuter Hilfe.

Es gilt jedoch: In akuten Notfällen immer die 110 wählen!


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